Was man sehen kann wenn man Völker genau(er) beobachtet
Wer das Wettergeschehen aufmerksam verfolgt und wissen will, wie sich das Wetter ─besonders wenn es so wechselhaft ist wie im Frühjahr 2021─ auf den Trachtverlauf auswirkt, kann auf die im Internet abrufbaren Wetterdaten vom Deutschen Wetterdienst www.dwd.de oder auch von www.wetteronline.de/wettertrend zugreifen und einen Vergleich der Wetterdaten mit den ebenfalls abrufbaren Waagstockdaten von TrachtNet-Völkern anstellen (vgl. Abb.2, 3 und 4).
Zurzeit stehen in Deutschland etwa 450 Bienenvölker auf TrachtNet-Waagen, die täglich melden, ob und wieviel sie leichter oder schwerer geworden sind, so auch die TrachtNet-Völker 1276 und 1434. Die Völker auf beiden Waagen werden vom Verfasser betreut und stehen vor Ort zusammen mit anderen Völkern unter genauer Beobachtung (vgl. Abb. 5, 6 und 7).
Die Waage 1276 steht am Bienenstand BiMuDU (Bienenmuseum Duisburg, im Stadtteil Rumeln-Kaldenhausen gelegen, im Flugradius von 3 km dominiert landwirtschaftlich genutzte Fläche) und ist dort seit April 2019 in Betrieb.
Die Waage 1434 steht am LBZ (Lehrbienenzentrum Hohenstein, südlich von Witten im Wald gelegen, im Flugradius von 3 km liegt viel Wald, die Stadt Witten und das wiesenreiche Ruhrtal) und meldet seit Mitte Januar 2021.
Bei der Eingabe der beiden Waage-Nummern und des Zeitraumes 2019-2021 [https://dlr-web-daten1.aspdienste.de/cgi-bin/tdsa/tdsa_client.pl] werden 5 Kurven gezeigt (Abb. 1).
Abb. 1: Die trachtbedingten Gewichtsänderungen des Waagstocks 1276 am BiMuDU vom 29.März 2019 bis 19.April 2021 und des Waagstocks 1434 am LBZ vom 24.Januar bis 19.April 2021. Beide Waagen starteten mit dem Wert von 0 kg. Jedes Jahr wird das Gewicht einer Waage am 1. Januar auf den Wert 0 gesetzt. Die Peaks im Februar 2021 wurden durch Schneefall verursacht.
Am BiMuDU hatte die Frühjahrstracht in 2020 früher eingesetzt und länger gedauert als in 2019. Die Netto-Gewichtszunahme lag im Frühjahr 2020 mit 32 kg etwa doppelt so hoch wie in 2019 mit 15 kg.
Bereits bei der einfachen Betrachtung der Aprildaten von 2019 (Abb. 2) und von 2020 (Abb. 3) ist zu erkennen, dass im April Tageszunahmen von etwa 1 kg und mehr dann zu erwarten sind, wenn es deutlich wärmer als 10° C wird und tagsüber nicht (viel) regnet.
In 2021 war das Frühjahr bisher fast durchgehend sehr kühl (Abb. 4). Nur an wenigen Tagen war es wärmer als 10° C. An diesen Tagen nahm die Waage 1276 zu. Anhand der Wetterprognose vom 20.April für den folgenden Zeitraum bis zum 4. Mai kann erwartet werden, dass es in den kommenden zwei Wochen (fast) jeden Tag honigen wird; denn nach dem 25. April soll es tagsüber deutlich wärmer werden als 10° C (Abb. 4) und trocken bleiben. Hinzu kommt: Im Flugradius des Bienenstandes BiMuDU liegen Rapsfelder. Dort hat die Rapsblüte begonnen (Bild 1 und 2).
Bild 1 und 2: Neben der Straße von Moers nach Rumeln-Kaldenhausen liegen zwei Rapsfelder etwa 1,5 km vom Bienenstand BiMuDU entfernt. Die Bilder zeigen den Stand der Rapsblüte am 15.April 2021. Auf benachbarten Feldern war im Vorjahr Raps angebaut worden.
Abb. 2: Der Vergleich der täglichen Gewichtsveränderungen des Waagstockes 1276 im April 2019 mit den Höchsttemperaturen der Wetterstation Essen. Trachtflug fand offensichtlich nur statt, wenn es tagsüber wärmer wurde als 10° C. Die Quelle der Temperaturdaten auch für die in den folgenden Abbildungen 3 und 4 ist: https://www.wetteronline.de/wetterdaten/bochum.
Abb. 3: Der Vergleich der täglichen Gewichtsveränderungen des Waagstockes 1276 im März/April 2020 mit den Höchsttemperaturen der Wetterstation Essen. Auch in 2020 fand ergiebiger Trachtflug offensichtlich nur statt, wenn es tagsüber wärmer als 10° C wurde und (!) nicht durchgehend regnete. Besonders viel Regen ist in 2020 gefallen in der Woche vom 8.– 15.März und vom 26.April – 3.Mai. In solchen Wetterlagen gibt die Waage Auskunft, was ein Bienenvolk täglich zehrt. Das wiederum lässt erkennen, dass an den Tagen mit Gewichtszunahme mehr eingetragen wird als die Waage anzeigt!
Abb. 4: Der Vergleich der täglichen Gewichtsveränderungen der Waagstöcke 1276 und 1434 im März/April 2021 mit den Höchsttemperaturen der Wetterstation Essen bis zum 19.April und mit der Prognose der Höchsttemperaturen bis zum 4.Mai (Stand 20. April).
Beim Waagevolk 1276 am BiMuDU wurden zweimal deutliche Gewichtszunahmen registriert, Anfang und Ende März, als es tagsüber wärmer wurde als 10°C.
Die Völker beider Bienenstände wurden im Frühjahr 2021 zweimal –am 24./25. März und am 14./15. April– nach der Liebefelder Methode geschätzt. Ergebnisse dieser Populationsschätzungen sind in den Abb. 5, 6 und 7 dargestellt.
Laut Populationsschätzung hatte das Waagevolk 1276 am 15. April 1,5 kg weniger Futter als am 25.März. Laut Waage ist es in diesem Zeitraum um 0,63 kg leichter geworden. Das Waagevolk 1434 am LBZ ist im März/April fast durchgehend und zwischen dem 24. März und 14. April um 1,97 kg leichter geworden. Laut dem Ergebnis der beiden Populationsschätzungen hat es am 14. April 3,0 kg weniger Futtervorrat gehabt als am 24. März.
Die Erklärung für den scheinbaren Widerspruch: In den Bienenvölkern wurde ein Teil des verbrauchten Futters in Brut umgewandelt. Eier, Larven und Puppen haben auch Gewicht. Es ist geplant, in 2021 die Populationsschätzungen an den drei Bienenständen im Abstand von 21 Tagen fortzuführen und dabei einige Versuche durchzuführen. Neben der am LBZ bereits eingeleiteten Untersuchung der „Doppelvolk-Betriebsweise“ sind die „Völkervermehrung in 4 Schritten“, der Vergleich des Konzeptes „Teilen und behandeln“ mit der „totalen Brutentnahme“ und die „Entwicklung von Jungvölkern“ im Programm.
Wie wird der April 2021 enden?
Auch für 2021 ist vorerst festzustellen, dass am Bienenstand BiMuDU die „10°-Grad-Schwelle“ im Frühjahr weitgehend eingehalten wurde. Während der kurzen Warmwetterperioden Anfang März und Ende März/Anfang April wurde der Waagstock 1276 deutlich schwerer und in den Zeiträumen dazwischen stetig leichter.
An beiden Bienenständen lagen die täglichen Abnahmen um Mitte April im Durchschnitt etwas höher als die um Mitte März (Abb. 4). Das könnte damit erklärt werden, dass an beiden Bienenständen die Völker im April mehr Brut unterhalten haben als im März (vgl. Abb. 5).
Abb. 5: Der Vergleich der durchschnittlichen Volksstärken an den Bienenständen LBZ, BiMuDU und WS gegen Ende März und Mitte April 2021. Mittelwerte von n Völkern mit Variationsbreite. Fast alle Völker hatten im April mehr als doppelt so viele Brutzellen wie Bienen. Im Durchschnitt die meiste Brut Mitte April hatten die Völker am BiMuDU. Das Brutnest von 4 der 20 Völker umfasste mehr als 40.000 Brutzellen (vgl. die Einzelvolkbetrachtung in Abb. 7). Alle Völker wurden und werden in der Hohenheimer Einfachbeute über einem offenen Gitterboden gehalten und ohne Schied geführt.
Abb. 6: Der Vergleich der Bienenzahl gegen Ende März mit der Bienenzahl 21 Tage später Mitte April an den Bienenständen LBZ, BiMuDU und WS. Die Symbole der Wertpaare der beiden Völker auf den TrachtNet-Waagen 1276 und 1434 sind mit einem Kreuz markiert. Das Waagevolk 1434 am LBZ war am 14.April genauso stark wie am 24.März. Das Waagevolk 1276 am BiMuDU ist um etwa 1500 Bienen gewachsen, es war an beiden Terminen etwa 3000 bzw. 4000 Bienen stärker als 1434 und hatte auch mehr Brut (vgl. mit Abb. 7).
Abb. 7: Der Vergleich von Bienenzahl und Brutumfang an den Bienenständen LBZ, BiMuDU und WS Mitte April. Zwei Völker hatten keine Brut. Das brutlose BiMuDU-Volk war drohnenbrütig und wurde aufgelöst.
Das fast brutlose Volk WS-7 war bei der Populationsschätzung am 25. März mit einer fehlbrütigen im Vorjahr markierten Königin angetroffen worden. Die Königin wurde entfernt und dem Volk die Brutwabe eines anderen Volkes mit jüngster Brut gegeben. Das Volk schaffte dort nach. Die Nachschaffungskönigin ist um den 6. April geschlüpft und wurde bei der Populationsschätzung am 16. April entdeckt. Sie machte einen fitten Eindruck und wird bei nächster Gelegenheit ihren Hochzeitsflug machen können. An Drohnen ist am Bienenstand kein Mangel und laut Wetterprognose könnte sie den Hochzeitsflug noch im April absolvieren. Es wäre nicht der erste am Bienenstand WS im Frühjahr 2021!
Bei einer Völkerkontrolle am 22. Februar wurde das Volk WS-2 laut heulend und ohne Brut angetroffen. Die Diagnose lautete: weisellos! Das Volk erhielt die Brutwabe eines anderen Volk als Weiselprobe. Bei der Populationsschätzung am 26.März wurde auf der Weiselprobe eine geschlüpfte Nachschaffungszelle entdeckt. Die Nachschaffungskönigin war wohl am 6. März geschlüpft und am 26.März noch nicht „in Eilage“.
Bei der Populationsschätzung am 16. April hatte das Volk WS-2 knapp 4800 Bienen und 9200 Brutzellen; von diesen waren 3200 Zellen verdeckelt und 6000 Zellen offen (= mit Eiern und Larven belegt). Aus der Anzahl der offenen Brutzellen errechnet sich für den Zeitraum vom 7. bis 16.April eine durchschnittliche Eilegerate von 500 Eiern pro Tag. Wenn man unterstellt, dass sie mit dieser Eilegerate unmittelbar nach dem Hochzeitsflug begonnen hat dann wäre die verdeckelte Brut in einem Zeitraum von 7 Tagen vor dem 7. April angelegt werden bzw. ab dem 30. März. Nach dieser Kalkulation hätte der Hochzeitsflug Ende März stattgefunden. Das wäre theoretisch tatsächlich möglich, denn am 30. und 31. März wurde an der Wetterstation Essen eine Tageshöchsttemperatur 23° und 24° C gemessen (Abb. 4). Der Bienenstand WS liegt nicht weit weg von Essen und in den WS-Völkern waren bei der Populationsschätzung der Völker des Standes am 26. März auch Drohnen gesichtet worden. Drohnen wurden auch am 16. April angetroffen.
Die nächsten Populationsschätzungen an den drei Bienenständen sind für den 5., 6. und 7. Mai geplant. Danach wird wieder über den Zustand der Völker, die Völkerführung und den Trachtverlauf berichtet.
SERVUS BO-B7
Was durch die Technik, alles erforschen werden kann!An verschiedenen Bienenstand Orten,genaue Zahlen bekommt und es versteht zunützen.Dadurch die Entwicklung besser versteht,durch Zahlen.Die mann so nicht hätte. Letztes Jahr +25′ & dieses 5’/8’Unterschied.Was Bienen tun und Imker glauben.Ohne zu den Völkern zufahren und gute Erkenntnis bekommt. Sehrgute Arbeit/Top.
Griss’de bleib xund & fit
R.E.
Hallo Herr Liebig,
bei ihren Völkern mit ca. 40 000 Brutzellen werden alle bis Ende Rapsblüte geschlüpft sein und in irgendeiner Weise zum Honigertrag beitragen.
Wäre es bei Völkern,die ihr Brutmaximum erst zum Ende der Rapstracht erreichen,nicht doch sinnvoll,sie in der Brutmasse zu begrenzen,damit sich die nicht so starken Völker nicht mit der Brutpflege währen der Tracht beschäftigen müssen.
Ein alter Imker erzählte mir,daß seine guten Völker in der Frühtracht ,bei der Waldtracht meist mittelmäßg sind und Völker,die die Frühtracht zur Entwicklung genutzt haben,in der Waldtracht meist spitze sind.
Haben unsere Bienen einen Mechanismus eingebaut,der sie beim Erreichen der optimalen Brutmenge auf Vermehrung umstellen lässt?
Guttenberger Dieter
excelente trabajo Dr. Gerhard Liebig. sigan asi. mi reconocimiento y admiracion por tanto estudio en las abejas. muchas gracias. saludos desde Mexicali Mexico
Servus Bo BI7
Der Tempraturzturz kam pünktlich von 30’auf 10’runte.Auf die Eisheligen ist fast immer Verlass.R.E.